zurück zur Übersicht

Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 20.01.2016, Az.: 4 STR 573/15

Entscheidungsgründe

Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen unerlaubten Besitzes und unerlaubten Führens einer verbotenen Waffe, wegen unerlaubten Besitzes und unerlaubten Führens einer Schusswaffe sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Strafbefehle des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 16.07.2015 … und vom 19.08.2015 … zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt“. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 15. Dezember 2015 dargelegten Gründen hat der Senat den Schuldspruch des angefochtenen Urteils geändert.

2. Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt:

„Dagegen hält der Rechtsfolgenausspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht - ohne Beiziehung eines Sachverständigen (UA S. 24; § 246a StPO) - mit nicht tragfähiger Begründung von der Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgesehen hat (UA S. 31-32). Nach den Urteilsfeststellungen konsumierte der Angeklagte seit 2013 regelmäßig Cannabis, seit Anfang 2014 zudem Amphetamin (UA S. 6). Grund für die Begehung des besonders schweren Raubs unter Ziffer II.1. der Urteilsgründe war, dem Geschädigten ‚Bargeld und/oder Betäubungsmittel wegzunehmen‘; die Motive lagen im Bereich vorangegangener Betäubungsmittelgeschäfte der Beteiligten (UA S. 19). Bei der Verhängung einer Jugendstrafe orientiert sich das Landgericht maßgeblich an dem andauernden Drogenkonsum des Angeklagten und geht von einer Tat im ‚Drogenmilieu‘ aus (UA S. 28). Eine Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung komme ferner nicht in Betracht, da aufgrund der instabilen Lebensverhältnisse des Angeklagten und des fortdauernden Drogenkonsums nicht erwartet werden könne, dass der Angeklagte ein straffreies Leben führen werde (UA S. 28). Diese Feststellungen legen nahe, dass der Angeklagte aufgrund eines Hangs zum Betäubungsmittelkonsum die abgeurteilten Taten begangen hat und die Gefahr besteht, dass er infolge des Hanges weitere erhebliche rechtswidrige Taten begeht. Die pauschale Ablehnung eines Hangs durch die Jugendkammer wird dem nicht gerecht. Anhaltspunkte dafür, dass keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten, der sich noch keiner Drogentherapie unterzogen hat, von einem Hang gegebenenfalls zu heilen, sind nicht ersichtlich. Die Frage der Anordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bedarf deshalb unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a ?Abs. 1? S. 2 StPO) der erneuten Prüfung und Entscheidung. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass trotz der Ausgestaltung des § 64 StGB als Ermessensvorschrift ein Absehen von der Unterbringung nach dem Willen des Gesetzgebers nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen soll. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 S. 3 StPO; BGHSt 37, 5, 9). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.).

Der zu § 64 StGB aufgezeigte Rechtsfehler nötigt mit Blick auf § 5 Abs. 3 JGG auch zur Aufhebung des Strafausspruchs. Auch wenn dies fernliegt, wird der Senat nicht ausschließen können, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt in Anwendung von § 5 Abs. 3 JGG davon abgesehen hätte, Jugendstrafe zu verhängen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. April 2003 - 4 StR 119/03 -, vom 4. März 2008 - 3 StR 30/08 - und vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 314/15).“

Dem tritt der Senat bei.