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12. Januar 2016

Wie juraLIB Macher Daniel 2x zweistellig schrieb – und was er heute anders machen würde

Was ich über das Lernen weiß, habe ich jedenfalls nicht im Studium gelernt. Meine Vorbereitung auf das erste Examen verlief insofern ganz normal: Ältere hatten mir schon früh eingetrichtert, Vorlesungen und Lehrbücher zu meiden. Stattdessen lernte ich mit Hemmer-Skripten und Fallbüchern. In der Uni war ich nur für Kolloquien und Klausuren. Ich fand die Klausuren machbar und das Studium anfangs zwar viel freier, aber nicht viel schwieriger als die Schule. Dennoch begleitete mich über die Semester das mulmige Gefühl, nicht auf den Ernstfall vorbereitet zu werden: das Examen. So wuchs während des Studiums die Panik vor dem Examen und ich war überzeugt, das nicht ohne Hemmer zu schaffen. Immerhin, das Repetitorium machte mir Spaß: die Dozenten waren super und ich arbeitete viel mit. Nach den intensiven 12 Monaten Rep fühlte ich mich aber immer noch nicht bereit und hängte weitere 6 zur Wiederholung dran. Ich arbeitete durchgehend im Schnitt 6 Tage die Woche den ganzen Tag lang und überführte die Hemmer-Fälle und Skripte in Notizen auf Hemmer-Karteikarten. Dazu las ich die neusten BGH-Entscheidungen, egal wie unwahrscheinlich es war, dass eine davon dran käme.

Mein Studium – eine stumpfe Schinderei

Kurzum, es war eine stumpfe Schinderei. Ich machte all die Höhen und Tiefen einer normalen Examensvorbereitung mit: Neben guten Punktzahlen bekam ich auf die Übungsklausur zwei Wochen vorm Examen 3 Punkte. Während des Examens war ich so nervös, dass ich mir zur Beruhigung jeden Abend 1 bis 3 Flaschen Bier reinkippte. Nach dem Examen fing ich erst nach zwei Wochen Urlaub an zu entspannen. Als ein paar Monate später die Ergebnisse eintrudelten, konnte ich meinen Augen nicht glauben: 11 Punkte.

Die Illusion des Machbaren

Heute bin ich überzeugt, dass ich diesen Erfolg auch leichter – und psychisch gesünder – hätte haben können. Denn wie in der Schule hatte ich einfach auswendig gelernt statt das richtige Lernen zu lernen. Doch leider scheint der Examensstoff fast unfassbar groß – aber eben nur fast! Das ist das Perverse. Denn da es die Illusion gibt, der Stoff sei irgendwie zu bändigen, versuchen alle, sich ihn auf die faulste denkbare Art und Weise einzubläuen: dem Auswendiglernen. Denn wer auswendig lernt ist tatsächlich denkfaul – zu faul, über den Stoff nachzudenken und ihn dadurch zu verstehen. Es geht um Lernen auf einer höheren Ebene, um die nächste Stufe der Lernevolution.

Lernt nicht wie die Mediziner!

Wir Juristen sind doch cleverer als die Mediziner, die ganze Telefonbücher auswendig lernen – wir fragen nach dem Kommentar! Im Beruf zeichnet einen guten Juristen die Fähigkeit aus, sich mit dem erlernten Handwerkszeug in immer neue Situationen reinzudenken – und nicht, blind Entscheidungen zu zitieren. Doch das habe ich erst im zweiten Examen gelernt.

Auswendiglernen im Zweiten – anfängliche Unmöglichkeit

Eine Warnung an alle, die es auch beim Zweiten auf die faule Art probieren wollen: Der Stoff wird noch einmal umfangreicher und beliebiger! Es kann eigentlich alles dran kommen. Mir war klar, dass meine Karteikarten das niemals fassen könnten und darum musste ich umdenken, um mein Ziel vom zweiten Prädikatsexamen zu erreichen. Wie? Ich begann mit dem Buch „Prädikatsexamen“. Darin erfuhr ich viel über das Lernen, insbesondere über Lerntypen. Ich bin wie die meisten Leute ein Mischtyp, der wenig über das bloße Lesen oder Hören aufnimmt. Deshalb bringen Lehrbücher und Vorlesungen mir wenig. Stattdessen muss ich Lernstoff erst anwenden, um ihn zu verstehen. Anwenden heißt z.B. Fälle lösen, aber auch Rückfragen im Kurs stellen oder eigene Skripte und Mitschriften erstellen. Die ideale Organisationsform zum Lernen ist daher eine Arbeitsgemeinschaft aus zwei bis vier Leuten. Man lernt durch Präsentieren, Fragen und Antworten und motiviert sich dabei gegenseitig. Zwar hatte ich schon im Studium eine Lerngruppe, aber wir waren nicht gerade strukturiert, sondern vor allem froh, Jura mit etwas Sozialem zu verbinden. Fürs zweite Examen machten wir es besser, schließlich sollte mir die Lerngruppe das Repetitorium ersetzen.

Überblick mit Lernplattform: juraLIB, eine Lernplattform mit Überblick

Eine weitere wesentliche Erkenntnis aus „Prädikatsexamen“ war, dass ich mir alles Gelernte irgendwie aufbereiten musste, um es möglichst in einer Plattform wiederholen und fortlaufend ergänzen zu können. Aufgrund der Stoffmenge und meines Fokus auf Systemverständnis (und meiner vollkommen unleserlichen Handschrift) schieden dafür Karteikarten aus und ich suchte nach Mindmap-Systemen, da diese in praktisch allen Büchern über Lerntechnik und der Fachliteratur als effizienteste Lerntechnik bewertet werden. Ich fand juraLIB: effektiv eine leicht zu benutzende Verbindung unendlich vieler elektronischer Karteikarten, die man mit anderen teilen kann. Dabei bleiben die Karten untereinander vernetzt und dennoch jede für sich übersichtlich. Dank juraLIB behielt ich den Überblick in meiner Examensvorbereitung. Egal aus welcher Quelle ich nun etwas gelernt hatte, ob nun in AG, Klausur oder Skript, ich verwaltete alle Lektionen zentral in Mindmaps und konnte immer wieder darauf zurückkommen.

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Mindmaps richtig bauen

Doch wenn ich mich nicht mehr auf den materiellen Stoff konzentrierte, was für Lektionen übertrug ich dann in Mindmaps? Es begann mit Prüfungsschemata für die Klausuren im zweiten Examen, z.B. wie man ein Urteil oder eine Anklage schreibt. Diese Schemata wurden immer komplexer und wann immer ich in einer Übungsklausur Fehler machte oder in der AG oder einem Skript etwas Neues las, baute ich es in mein eigenes Netzwerk aus Mindmaps ein. Ich habe die Sammlung veröffentlicht. Ihr findet die Sammlung unter diesem Link.

Ich machte es mir zur Gewohnheit, keinen Fall zu lösen und keinen Text zu lesen ohne die Lektionen in den Mindmaps zu verorten. Ich schrieb zwar viel weniger Klausuren als für das erste Examen und las kaum Entscheidungen und viel weniger Skripte, aber wenn ich es tat, markierte ich mir das Wesentliche und überführte es aktiv in meine Mindmaps. So blieb ich Herr über meinen Lernstoff und war nicht abhängig davon wie umfassend die Hemmer-Produkte waren. Erst durch die Gestaltung der Lerngruppe und meines Lernplans habe ich gelernt, wie man Lernstoff organisiert und wie ich mir Wissen am besten aneigne.

Mindmaps eignen sich fantastisch, um das juristische System zu veranschaulichen. Zwar sind die meisten Skripte im Fließtext geschrieben, doch das dahinter liegende System lässt sich durch die Schaubilder visuell eindringlicher darstellen. Und auf dieses Systemverständnis kommt es viel häufiger an als auf Detailkenntnis.

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Wie bewertet der Korrektor Klausuren?

So begann ich zu verstehen, dass die Punktzahlen in Klausuren nicht das Ergebnis meines Wissens waren, sondern das meiner Fähigkeiten. Wer schon einmal eine Klausur korrigiert hat, versteht in der Regel, warum Punkte genau so verteilt werden. Der Korrektor merkt einfach, ob es der Prüfling „drauf“ hat und ob es sich um Flüchtigkeitsfehler oder Verständnislücken handelt. Dabei geht es um so viel mehr als das Kennen von Problemen und Entscheidungen, nämlich um Klausurtechnik und das Verständnis des Gesetzessystems. Leider werden uns diese Skills von niemandem zielgerichtet beigebracht.

Klausuren schreiben lernen

Trotzdem kann man es lernen, bessere Klausuren zu schreiben. Das beginnt mit einem geschulten Lesen, Markieren und Bearbeiten des Sachverhalts. Weiter geht’s mit einem trainierten Zeitmanagement und dem Erstellen von Skizzen bis zu einer geschickten Gliederung (ein Freund gab mir z.B. den simplen Tipp, das Blatt für die Gliederung quer zu nehmen). Beim Entscheiden von Problemen bedient man sich wiederkehrender Argumentationsmuster. Schließlich kann man das Ausformulieren genauso trainieren wie das Setzen von „Sound-Wörtern“ und ein sauberes Schriftbild mit Absätzen und Gliederungspunkten. Das mag zwar noch penibler klingen als Auswendiglernen, aber bedenkt, dass ihr diese Vorgänge in 100% aller Klausuren anwendet, während euch eine BGH-Entscheidung nur in 0,5% aller Klausuren weiterbringt – und selbst dann kann euch ein guter „Handwerker“ in die Tasche stecken, selbst wenn er die Entscheidung nicht kennt.

Meine Examensvorbereitung

Mit dieser Lernweise stieg ich etwa ein Jahr vor dem zweiten Examen langsam in die Vorbereitung ein und ich lernte an keinem einzigen Tag länger als die 5 Stunden, die eine Klausur dauert, meist nur effektiv 3-4 Stunden. Die Wochenenden hatte ich frei – die Vorbereitungszeit war naturgemäß entspannter und gleichzeitig hatte ich weniger Angst vor dem zweiten Examen. Schließlich blieb ich beim Lernen souverän der Herr über das Grundlegende und Wesentliche anstatt mich von der Fülle an Stoff hetzen zu lassen. Ich brauchte kein Bier zwischen den Klausuren und als ich ein zweistelliges Ergebnis erhielt, war ich zwar wahnsinnig glücklich, konnte aber schon nach kurzer Zeit wieder entspannen.

Fazit

5 Dinge, die ich im Studium heute anders machen würde:

  1. gezielt lernen, Klausuren zu gliedern und zu schreiben (z.B. Argumentationsmuster, Schrift, Stil)
  2. Systemverständnis statt Auswendiglernen,
  3. Grundlagen beherrschen statt neuste Rechtsprechung reinkloppen
  4. alles Gelernte in einem System bündeln (z.B. juraLIB)
  5. frühzeitig in einer disziplinierten AG aus 2-4 Leuten lernen

 

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