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Amtsgericht Dieburg

Entscheidung vom 11.02.2015, Az.: 20 C 886/14

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 55,29 €, weil sie kein Entgeld für die „Preisgarantie“ verlangen kann.

Die entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen gegen die §§ 305 c, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und sind deshalb unwirksam.

Es handelt sich um überraschende und ungewöhnliche Klauseln i.S.d. § 305 c BGB, die letztlich auch dem Transparenzgebot aus § 307 BGB zuwider laufen. Der unbefangene Leser und Kunde muss nicht damit rechnen, dass die deutlich hervorgehobene kostenlose Preisgarantie nicht für die gesamte Vertragslaufzeit gilt.

Das so genannte Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Dabei gebieten Treu und Glauben auch, dass die Klausel wirtschaftlicher Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel so genau beschrieben werden, dass der Vertragspartner ohne Probleme erkennen kann, mit welchen Kosten er zu rechnen hat. Eine Formularbestimmung genügt dem Bestimmtheitsgebot nur dann, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt. Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGH NJW 2007, 1198; OLG Hamm, Urteil vom 22.8.2014 - 12 U 127/13, Juris).

Dabei bestehen keine Bedenken, sowohl die Regelungen auf der Vorderseite des Vertragsformulars als auch die angehängten und ausdrücklich so genannten AGB als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren. Denn bereits aus der Benutzung des Formulartextes durch die Klägerin ergibt sich die Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen, § 305 I BGB.

Das Zahlungsverlangen der Klägerin für die „Preisgarantie“ ist sowohl im Vertragsformular als auch im Fließtext der Allg. Geschäftsbedingungen so versteckt und nach dem Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich, dass die Beklagte damit nicht rechnen musste.

Der Kunde geht davon aus und darf davon ausgehen, dass seine gesamten Zahlungsverpflichtungen im Vertrag deutlich werden. Dieser Pflicht kommt die Klägerin mit dem Vertragsformular und den dazu gehörenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nach, sondern verschleiert sie durch das Hervorheben einer kostenlosen Preisgarantie und Verstecken und Kleinschreiben im Vertragstext, dass diese nicht uneingeschränkt gilt.

Die Preisangabe befindet sich unter dem Fettdruck „XXXgas12“. Durch den doppelten Zusatz „Preisgarantie“ und dem auffälligen Druck über dem Vertragsformular „Preisgarantie 12 Monate“ wird suggeriert, es handele sich um den Gesamtpreis für die gesamte Laufzeit des Vertrages. Nur über eine kaum erkennbare Fußnote über dem Wort „Preisgarantie“ wird auf einen Text am unteren Ende des Vertragsformulars hingewiesen. Dieser Text ist vom Schriftbild her so klein, dass die Lesbarkeit als Zumutung aufzufassen ist, § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Dort wird mit drei Sätzen und einer Verweisung auf eine AGB-Klausel darauf hingewiesen, dass für eine Preisgarantie unter Umständen doch ein Entgelt zu zahlen ist. Dabei wird mit dem ersten Satz noch einmal die Preisgarantie (je nach Tarif für 6 bzw. 12 Monate) hervorgehoben. Der zweite Satz verweist „für die Laufzeit“ auf Ziffer 1.7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Der dritte Satz lautet „[…] erhebt für die Preisgarantie 0,25 Cent pro Kilowattstunde (brutto)“. Schon allein durch das Schriftbild, die Satzstellungen und eine erneute Verweisung an eine andere Stelle der AGB wird die Wahrnehmung erschwert, dass die Preisgarantie eben nicht uneingeschränkt, sondern nur für die primäre Laufzeit gilt und danach ein Entgelt zu zahlen ist, dem der Kunde nur durch Kündigung entgehen kann. Diese Darstellung überfordert die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners, da die „Preisgarantie“ mehrfach in Fettdruck hervorgehoben wird, auf die Einschränkung aber an versteckter Stelle und in kaum lesbarer Minischrift hingewiesen wird.

Zwar wird, wenn auch – wie oben dargestellt - versteckt und wegen des Schriftbildes kaum zu lesen, auf Ziff 1.7 der zusätzlichen AGB auf der Rückseite des Vertragsformulars hingewiesen. Aber auch dort ist die Preisgestaltung im Fließtext versteckt und das Verstehen durch Benutzung von Fachausdrücken erschwert. Beim Kunden der Klägerin werden Erwartungen einer „kostenlose Preisgarantie“ geweckt; in Ziff. 1.7 der AGB soll er stattdessen „Preisgarantie“, „Preisfixierung“, „Energiepreisgarantie“ und „Preissicherheitsvariante“ verstehen und auseinanderhalten. Dies geht über die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners jedenfalls durch die hier benutzte Darstellung weit hinaus. Die Klägerin sollte sich nicht wundern, wenn die Kunden davon ausgehen, die Klägerin benutze ganz bewusst diese Form der Darstellung der Preise, um sie vorsätzlich zu verschleiern, um den Kunden billigere Tarife vorzuspiegeln.

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Preisvereinbarungen grundsätzlich der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB nicht unterliegen. Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB sind solche Bestimmungen von der Inhaltskontrolle ausgenommen, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und die hierfür zu zahlende Vergütung unmittelbar regeln (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen); nach dem im bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie ist es den Vertragsparteien im allgemeinen freigestellt, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen, und mangels gesetzlicher Vorgaben fehlt es insoweit regelmäßig auch an einem Kontrollmaßstab (BGH 9.10.2014 – III ZR 33/14; 13.1.2011 – III ZR 78/10).

Das Gericht kontrolliert hier aber nicht das Äquivalenzverhältnis, also die Angemessenheit des Preis-Leistungsverhältnisses, sondern es geht hier um eine Ausnahme von der Kontrollfreiheit der Preisvereinbarung, nämlich um die Einhaltung des Transparenzgebotes des § 307 I Satz 2 BGB und die Einhaltung der nicht zur Inhaltskontrolle gehörenden Vorschrift des § 305 c BGB.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 91 ZPO).

Das Urteil ist gem. den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Das Gericht verzichtet gem. den §§ 313 a I, 495 a ZPO auf die Abfassung eines Tatbestandes.

Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.