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Bundesgerichtshof

Entscheidung vom 04.12.1956, Az.: I ZR 110/55

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 20. April 1955 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Beide Parteien sind Salzgroßhändler. Die Klägerin handelt sowohl mit Steinsalz wie mit Siedesalz. Ihr Stein-Permutitsalz bezieht die Klägerin vor allem von der S. AG Ha., zu deren Abnehmern auch der Beklagte gehört.

Die Klägerin behauptet, daß der Beklagte seit einiger Zeit mit unlauteren Methoden zwischen die Klägerin und ihre Hauptlieferantin, die S. AG, einen Keil zu treiben versuche. Zum Beweise hat sei ein Schreiben vom 27. Januar 1954 vorgelegt, das folgenden Wortlaut hat:

H.-A., den 27. Jan. 1954"FirmaS. AktiengesellschaftHa.Hi.straße ...Betr.: Permutitsalz.Wie ich Ihnen bereits vor einiger Zeit mitteilte, habe ich bei mehreren meiner Permutitsalzabnehmer (Färbereien und chemische Reinigungen) die Feststellung machen müssen, daß hier an Stelle des von mir gelieferten Stein-Permutitsalzes seit einiger Zeit Siedesalz verwendet wird, und zwar zu einem unwesentlich höheren Preis als Stein-Permutitsalz. Sie sagten mir s.Zt. Prüfung der Angelegenheit zu und versicherten kurze Zeit darauf, daß nach Rücksprache mit der Saline Schöningen, die für diese Lieferungen in Frage kam, die Angelegenheit als erledigt betrachtet werden könne und solche Einbrüche in das Stein-Permutitsalz-Geschäft nicht mehr zu befürchten seien. Ich habe nun gerade erneut in Erfahrung gebracht, daß diese Abstellung nicht erfolgt ist. Die betr. Abnehmer erhalten von der Firma B. das Sch. Siede-Raffinadesalz nach wie vor, und zwar mit dem Hinweis, daß die Ausnutzung dieses Salzes eine wesentlich höhere sei, daß die Permutitsalzfilter durch das Siedesalz erheblich geschont würden und, daß bei diesen großen Vorzügen die Verwendung des Sch. Raffinade-Salzes, das im Preis nur ganz wenig höher als beim Stein-Permutitsalz läge, in jedem Fall rationeller sei.Wie ich bei einem meiner Kunden, den ich seit Jahrzehnten ausschließlich mit. Stein-Permutitsalz beliefere, feststellte, erhält dieser bis in die neueste Zeit hinein von der Firma B. Sch. Siede-Raffinade-Gewerbesalz zum Preise von DM 5,65 % kg in Leihsäcken frei Haus bei Mengen von 5 to. Für die gleiche Menge hätte er bei mir für Stein-Permutitsalz DM 5,05 % kg bezahlen müssen (Salzpreis DM 4,55 + Füllgebühr DM -,30 + Sackleihgebühr DM -,20, Fuhrlohn etc. entfällt, da derartige Posten von der Konkurrenz ebenfalls unberechnet bleiben, sie also offenbar nicht als Kalkulationsfaktor in Betracht kommen können!). Bei der Spanne von nur DM -,60 % kg ist der Kunde natürlich, wenn er propagandistisch gut vorbereitet ist, ohne weiteres geneigt, dem Siedesalz den Vorzug zu geben.Ich erbitte Ihre möglichst umgehende Mitteilung, in welcher Weise ich dieser Konkurrenz nunmehr begegnen soll. Außerdem wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir gleichzeitig sagen würden, ob es in Ihrem Sinne ist, wenn ein großer Teil der Permutitsalzbezieher auf diese Weise von Stein- auf Siedesalz umgestellt wird. M. E. liegt keine Notwendigkeit vor, daß dieser Fall eintreten muß, denn für die Permutitanlagen genügt in jedem Fall das Steinsalz, wie mir auch von dem Hersteller der Permutitanlagen selbst bestätigt wurde, es sei denn, daß Sie kein Interesse daran haben, Permutitsalz zu verkaufen und dieses der Saline Sch. überlassen wollen. Bemerken möchte ich noch, daß mir telephonische Mitteilungen, nach denen nachher nicht verfahren wird, leider wenig nützen. Sie dürfen nicht verkennen, daß immerhin noch die Möglichkeit besteht, daß auch Kunden wie die Rheinische Kunstseide auf diese Weise zum Siedesalz hingeführt werden, umsomehr als jetzt schon der halbe Bedarf derselben bei der Firma liegt, die das Sch. Siedesalz vertritt.Hochachtungsvoll!(Unterschrift)N.S. Zu der Angelegenheit erfahre ich soeben noch, daß im norddeutschen Raum in letzter Zeit verschiedene Permutitsalzverbraucher, die bislang Stein-Permutitsalz gebraucht haben, sich auf Siede-Vacuumsalz umgestellt haben, und zwar auch dann das Siede-Vacuumsalz bevorzugen, wenn dieses zum Original-Siedegewerbesalz-Preis der lose DM 6,59 % kg beträgt, bezogen werden muß. So hat beispielsweise eine norddeutsche Saline in letzter Zeit größere Anforderungen von Siede-Permutitsalz bekommen, über die sie selbst erstaunt war. Offensichtlich handelt es sich hierbei um die Auswirkung der Propaganda B., von der die Bezieher derartig beeindruckt sind, daß sie auch bei höherem Preis das Siedesalz vorziehen. Meine obigen Ausführungen werden durch diese Tatsachen noch in eklatanter Weise unterstrichen.D. O."

Die Klägerin bestreitet die Wahrheit dieser Mitteilungen des Beklagten und vertritt den Standpunkt, daß der Beklagte gemäß §§823, 824, 826 BGB, §§1, 14 UnlWG verpflichtet sei, die in dem Klageantrag zu 1 a und b zusammengefaßten Äußerungen zu widerrufen und ihre Wiederholung zu unterlassen.

Sie hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen,1.seine gegenüber der S. AG Ha. über die Klägerin aufgestellten Behauptungen, nämlicha)die Klägerin betreibe im norddeutschen Baum eine Propaganda bei Verbrauchern von Stein-Permutitsalz, um diese auf den Gebrauch von Siede-Permutitsalz umzustellen,b)die Klägerin habe durch ihre Propaganda bereits einen größeren Teil der Permutitsalz-Verbraucher im norddeutschen Baum von Steinsalz auf Siedesalz umgestellt,gegenüber der S. AG zu widerrufen,2.es zu unterlassen, die unter a und b aufgeführten Behauptungen über die Klägerin gegenüber der S. AG zu wiederholen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie trägt vor, daß die in ihrem Schreiben vom 27. Januar 1954 aufgestellten tatsächlichen Behauptungen der Wahrheit entsprächen.

Nach Beweiserhebung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat nach erneuter Beweisaufnahme der Klage in allen wesentlichen Punkten stattgegeben. Es hält die Klage nur insoweit für unbegründet, als die Klägerin in ihrem Antrag zu 1 b dem Beklagten die Behauptung unterstelle, "die Klägerin habe durch ihre Propaganda bereits einen größeren Teil der Permutitsalzverbraucher ... auf Siedesalz umgestellt." Der Beklagte sei nur verpflichtet, die Behauptung zu widerrufen, die Klägerin stelle durch ihre Propaganda die Permutitsalzverbraucher ... auf Siedesalz um ...

Die Revision des Beklagten wendet sich gegen diese Entscheidung und bittet, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

I.Das Berufungsgericht hält den Unterlassungs- wie auch den Widerrufsantrag aus §14 Abs. 2 UnlWG für begründet. Es geht davon aus, daß das von der Klägerin beanstandete Schreiben des Beklagten vom 27. Januar 1954 den Zwecken des Wettbewerbes diene. Denn der Beklagte behaupte in ihm, so führt das Berufungsgericht aus, die Tatsache, daß die Klägerin durch ihre Propagande für Permutitsiedesalz in erheblichem Umfange Verbraucher von Stein-Permutitsalz auf Siede-Permutitsalz umstelle. Diese Tatsache sei zwar nicht ehrenrührig; sie sei indessen geeignet, den Geschäftsbetrieb der Klägerin zu schädigen. Dieser von der Revision nicht beanstandeten Auffassung ist zuzustimmen. Beide Parteien stehen als Salzgroßhändler im Wettbewerb miteinander. Es spricht schon nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht, wenn Mitbewerber im geschäftlichen Verkehr Äußerungen machen, die objektiv geeignet sind, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern (BGHZ 3, 270 [277]). Die Annahme, der Beklagte habe durch die in seinem Schreiben enthaltenen Äußerungen zugleich für die Belange der S. AG eintreten wollen, würde einer auf wettbewerbliche Ziele gerichteten Absicht der Beklagten nicht entgegenstehen. Denn auch die Absicht, sich selbst vor geschäftlichem Schaden zu schützen, kann ausreichen, ein Handeln zu Wettbewerbszwecken anzunehmen (Urteil vom 12. Oktober 1956 - I ZR 34/56 - Jugendfilm-Verleih).

II.Das Berufungsgericht hat aus den Umständen gefolgert, der Beklagte habe nur die Empfängerin des Schreibens verständigen wollen, so daß eine Kenntnis des Schreibens durch Dritte nicht in Betracht gekommen sei. Es hat demgemäß die Vertraulichkeit des Schreibens bejaht und auch angenommen, daß die Empfängerin des Schreibens an den Mitteilungen ein berechtigtes Interesse gehabt habe. Ob diese vom Berufungsgericht bejahten Voraussetzungen eines Anspruchs aus §14 Abs. 2 UnlWG vorliegen, unterlag der freien Beweiswürdigung des Tatrichters. Einen Rechtsirrtum läßt die auch von der Revision nicht angegriffene Auffassung des Berufungsgerichts nicht erkennen.

1)Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin den nach §14 Abs. 2 UnlWG ihr obliegenden Beweis (vgl. Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht 3. Aufl. Kap 97 Anm. 27) erbracht, daß die aus dem Urteilstenor ersichtlichen Behauptungen in dem Schreiben des Beklagten vom 27. Januar 1954 der Wahrheit zuwider aufgestellt worden sind. Das Berufungsgericht entnimmt der Beweisaufnahme erster Instanz, daß der Vertreter der Klägerin zwei bestimmten Kunden gegenüber, welche vorher kein Permitut-Steinsalz bei der Klägerin bestellt hätten, die Vorteile des Siedesalzes betont habe, und zwar unter Hinweis darauf, daß die Klägerin es zu normalen Preisen von Steinsalz liefern könne. Ferner Habe der Vertreter der Klägerin nach seinen eigenen Angaben verschiedenen anderen Kunden geraten, es doch einmal, mit Siedesalz zu versuchen, und auch zugestanden, daß er vielleicht in einem weiteren Fall von sich aus weitere Kunden auf die günstigen Eigenschaften von Siedesalz hingewiesen habe. Aus diesem von ihm festgestellten Beweisergebnis folgert das Berufungsgericht, daß der Vertreter der Klägerin bei verschiedenen Gelegenheiten Kunden über den Wert von Stein-Permutitsalz und Siede-Permutitsalz belehrt und die Vorzüge des letzteren hervorgehoben habe. Indessen könne hieraus, so führt das Berufungsgericht aus, nicht entnommen werden, daß die Klägerin planmäßig bei bisherigen Beziehern von Stein-Permutitsalz für Siede-Permutitsalz geworben habe. Hiergegen spreche insbesondere auch die Aussage des Prokuristen D., des Leiters der Salzabteilung der Klägerin, der nach seinen glaubhaften Erklärungen niemals Weisungen für eine systematische Permutitsiedesalzpropaganda durch die Vertreter der Klägerin gegeben habe. Angesichts der ganz allgemeinen Behauptungen des Beklagten über die propagandistische Umstellung von Kunden auf Siedesalz, hätte der Beklagte im einzelnen die fraglichen Kunden benennen müssen, um der Klägerin den Beweis der Unrichtigkeit seiner Behauptungen zu ermöglichen. Dies habe er indessen nicht getan, sondern habe zugeben müssen, die Firma K. und die Verwaltung des St. G., bei denen der in erster Instanz vernommene Zeuge C. die Bestellung von Siede-Permutitsalz angeregt habe, seien die einzigen Kunden, die er für seine Behauptung namhaft machen könne. Das Vorgehen des Zeugen C. rechtfertige indessen nicht die in dem beanstandeten Schreiben aufgestellten Behauptungen, die Klägerin stelle durch ihre Propaganda einen großen Teil von Permutitsalzbeziehern auf Siedesalz um. Eine Propaganda mit derartiger Wirkung hätte systematisch erfolgen müssen. Sei aber eine solche nicht nachgewiesen, so könnten jedenfalls die gelegentlichen Hinweise des Vertreters C. auf die Vorzüge von Siede-Permutitsalz nicht als eine Propaganda bezeichnet werden, wie sie in dem gerügten Schreiben behauptet worden sei.

Die Revision beanstandet diese Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Bei ihren Angriffen berücksichtigt sie indessen nicht genügend, daß die dargelegte Auffassung des Berufungsgerichts im wesentlichen auf dem dem Revisionsgericht verschlossenen Gebiet tatrichterlicher Beweiswürdigung liegt. Gegenstand eines Revisionsangriffs könnte sie nur insoweit sein, als sie wichtige Tatumstände nicht beachtet oder sich in Widerspruch zur allgemeinen Lebenserfahrung oder zu den Denkgesetzen gesetzt hätte. Es ist nicht ersichtlich, daß dies hier der Fall wäre. Zwar trifft es zu, daß die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, das auch das Berufungsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegt hat, gelegentlich auf den Wert des Siedesalzes hingewiesen und für die Verwendung dieses Salzes eingetreten ist. Auch ist es richtig, daß es für den Begriff der Werbung nicht unbedingt erforderlich ist, daß sie "systematisch" erfolgen muß. Alles dies hat aber auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Das Berufungsgericht hat vielmehr aus dem Gesamtinhalt des Schreibens des Beklagten gefolgert, daß bei der Empfängerin dieses Schreibens der Wahrheit zuwider der Eindruck hervorgerufen werde, die Klägerin treibe eine planmäßige Werbung, die den Zweck verfolge, einen größeren Kundenkreis zugunsten des Siedesalzes systematisch zu beeinflussen. Insoweit gründet es seine Auffassung ersichtlich auf die Mitteilung des Beklagten in dem angegriffenen Schreiben, daß nach wie vor "mehrere" Permutitsalzabnehmer von der Klägerin Raffinadesalz unter Hinweis auf seine großen Vorzüge erhielten, sowie auf die sich anschließende Frage des Beklagten an die Empfängerin des Briefes, ob es in ihrem Sinne liege, "wenn ein großer Teil der Permutitsalzbezieher auf diese Weise von Stein- auf Siedesalz umgestellt" würde. Auch rechtfertigt sich diese Auffassung im Hinblick auf die in dem Nachtrag zu dem Schreiben vom 27. Januar 1954 zum Ausdruck gebrachte Ansicht des Beklagten, die Umstellung verschiedener Permutitsalzverbraucher im norddeutschen Raum sei offensichtlich auf die Propaganda B., d.h. der Klägerin, zurückzuführen, "von der die Bezieher derartig beeindruckt sind, daß sie auch bei höherem Preis das Siedesalz vorziehen." Welchen Nachdruck der Beklagte seinen Mitteilungen zu geben beabsichtigte, konnte das Berufungsgericht schließlich auch aus der in dem Schreiben geäußerten Befürchtung des Beklagten entnehmen, es bestehe die Möglichkeit, daß "auch Kunden wie die Rheinische Kunstseide auf diese Weise zum Siedesalz hingeführt werden." Nach alledem kann jedenfalls nicht anerkannt werden, daß die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe in seinem Schreiben den Eindruck einer umfangreichen "systematischen" Werbung hervorgerufen, auf einer unzureichenden und mit dem Inhalt des Schreibens vom 27. Januar 1954 nicht zu vereinbarenden Würdigung beruhen würde. Insbesondere kann der Revision auch nicht zugegeben werden, der Beklagte habe in Wahrheit nur die Frage gestellt, ob es im Sinne der Empfängerin des Schreibens liege, wenn die propagierte Umstellung erfolge. Sieht man davon ab, daß sich der Beklagte überhaupt nur an einer Stelle seines Schreibens der Frageform bedient hat, so bleibt es im übrigen gleich, in welche Form eine Behauptung gekleidet wird (vgl. BGH vom 26. Januar 1951 - I ZR 19/50 - L-M §14 UnlWG Nr. 1 = NJW 1951, 352). Nach dem Zusammenhang des Schreibens kann es jedenfalls keinem Zweifel unterliegen, daß die Frage gleichzeitig eine positive Behauptung zum Inhalt hat. Es ist auch nicht richtig, wenn die Revision meint, daß in dem Schreiben des Beklagten nur von einem Kunden die Rede sei, bei dem die Umstellung auf Siedesalz mit Erfolg von dem Vertreter der Klägerin propagiert worden sei. Der dargelegte Gesamtinhalt des Schreibens ergibt eindeutig das Gegenteil.

Ist es nach alledem rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dem Schreiben des Beklagten entnommen hat, es habe bei der S. AG den Eindruck einer planmäßigen Werbung der Klägerin zugunsten des Siedesalzes erwecken müssen, so kann andererseits auch seiner Ansicht nicht entgegengetreten werden, das Verhalten des Vertreters der Klägerin - wie es von dem Berufungsgericht auf Grund der ihm allein zustehenden und insoweit in der Revisionsinstanz nicht angreifbaren Beweiswürdigung aufgefaßt worden ist -, rechtfertige nicht die vom Beklagten aufgestellten Behauptungen über den Umfang der Werbemaßnahmen der Klägerin und die hierdurch für die S. AG heraufbeschworenen Gefahren.

2)Der Hinweis der Revision, die beweispflichtige Klägerin habe in Anbetracht der für sie ungünstigen Beweislage eine weitere Aufklärungspflicht gehabt, der sie nicht nachgekommen sei, obwohl sie dazu in der Lage gewesen sei, ist nicht gerechtfertigt. Die Revision kann sich insoweit nicht auf die in der Entscheidung RGZ 166, 240 [242] dargelegten Grundsätze berufen, da die Klägerin gerade bestreitet, überhaupt eine Propaganda des in dem Schreiben des Beklagten behaupteten Umfangs betrieben zu haben. Unter diesen Umständen wäre es Aufgabe des Beklagten gewesen, weitere Fälle namhaft zu machen. Erst wenn er noch andere Kunden benannt haben würde, wäre es der Klägerin, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, ermöglicht worden, den Gegenbeweis der Unwahrheit zu führen. Der Beklagte hat indessen ausdrücklich erklärt, für seine Behauptung weiteren Beweis nicht antreten zu können.

Der Angriff der Revision, das Berufungsgericht habe sich unter Verletzung des §286 ZPO nicht mit der als Begutachtung im Sinne des §114 GVG anzusehenden Auffassung der Kammer für Handelssachen auseinandergesetzt, wonach der Beklagte "in seinem Schreiben vom 27. Januar 1954 an die S. AG in durchaus sachlicher Weise" gehandelt habe, geht fehl. Nach §114 GVG kann eine Kammer für Handelssachen auf Grund eigener Sachkunde u.a. über Gegenstände entscheiden, zu deren Beurteilung eine kaufmännische Begutachtung genügt. Es mag bereits zweifelhaft sein, ob dieser Tatbestand hier überhaupt gegeben ist. Jedenfalls hinderte die Bestimmung des §114 GVG das Berufungsgericht nicht, von der Auffassung des Landgerichts abzuweichen, soweit es sich mit ihr in seinem Urteil auseinandersetzt. Das hat das Berufungsgericht entgegen der Annahme der Revision getan. Seine Begründung ergibt eindeutig, welche Erwägungen für die abweichende Entscheidung maßgebend waren. Es war nicht erforderlich, daß sich das Berufungsgericht noch ausdrücklich mit der von der Revision zitierten Bemerkung des Landgerichts auseinandersetzte.

3)Schließlich ist auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die in dem Schriftsatz vom 8. Mai 1954 S. 2 und 5 angetretenen Beweise übersehen, nicht begründet. Der Beweisantritt, der Verkaufsleiter der S. AG habe dem Beklagten telephonisch mitgeteilt, die von ihm zuvor beanstandete Propaganda sei von der Klägerin nunmehr eingestellt, war für die Entscheidung unerheblich, weil er sich auf einen vor Absendung des angegriffenen Schreibens abgeschlossenen Tatbestand bezog. Das Berufungsgericht hatte darum keinen begründeten Anlaß, diesen Beweis, zu erheben. Der Beweisantritt auf S. 2 a.a.O. war hinfällig geworden, nachdem der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ausdrücklich in der letzten mündlichen Verhandlung erklärt hatte, die Firma K. und die Verwaltung des St. G. seien die einzigen Kunden, die er für seine Behauptung namhaft machen könne.

Da der Beklagte nach alledem in dem beanstandeten Schreiben über die Werbung der Klägerin Tatsachen behauptet hat, die in dem angegebenen Umfang nicht zutreffen, ist, der Beklagte nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Auffassung des Berufungsgerichts zur Unterlassung verpflichtet, diese in dem Klageantrag nur seinem wesentlichen Inhalt nach zusammengefaßten Behauptungen zu wiederholen. Die Wiederholungsgefahr ergibt sich bereits aus dem Verhalten des Beklagten in diesem Rechtsstreit. Der Beklagte ist aber auch zum Widerruf der Behauptungen verpflichtet, da diese noch heute fortwirken. Ob der Beklagte schuldhaft gehandelt hat, ist entgegen der Auffassung der Revision für die Entscheidung unerheblich. Angesichts des Fortwirkens des Störzustandes ist der Widerrufsantrag als sog. quasinegatorischer Beseitigungsanspruch bereits aus §1004 BGB begründet (BGHZ 10, 104 [105]).

Nach alledem bedarf es keiner Prüfung mehr, ob die Klage auch noch aus anderen Rechtsgründen, insbesondere wegen unerlaubten Eingriffs in den freien gewerblichen Tätigkeitsbereich der Klägerin, begründet wäre. Die Revision war daher mit der Kostenfolge aus §97 ZPO zurückzuweisen.