
- Kausalität Strafrecht
Kausalitätsprüfung
h. M.: Äquivalenztheorie /
Conditio sine qua non-Formel
jede Handlung, die nicht weggedacht werden
kann, ohne das der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele
alle Bedingungen gleichwertigMaßgeblich ist nur der Wirklichkeit gewordene Erfolg in seiner konkreten Gestalt- Hypothetische Kausalverläufe und Reserveursachen bleiben außer Betracht
Unterbrechung / Abbruch des Kausalverlaufs- wenn ein späteres Ereignis die Fortwirkung einer früheren Ursachenkette beseitigt und allein unter Eröffnung einer neuen Ursachenreihe den Erfolg herbeiführtkein Regressverbot, nach dem der Zugriff auf frühere Verursachungsbeiträge stets ausgeschlossen ist, wenn es zu anschließenden Tatbeiträgen anderer Personen kommt
- wie viele Zwischenursachen zum Erfolg geführt haben ist für die Kausalität unbeachtlich
Adäquanztheorie/
Formel von der gesetzmäßigen Bedingung
adäquat kausal ist
diejenige Bedingung, die nach der allgemeinen Lebens-
erfahrung (den gesetzmäßigen Bedingungen) geeignet ist, einen derartigen Erfolg herbeizuführen
Arg.: Verzicht auf hypothetische Erwägungen
in der Klausur: Parallele Nennung
möglich, da idR Ergebnis gleich
Fallgruppen
Hypothetische Kausalität
Grds.: Unbeachtlichkeit
von Reserveursachen
Abbruch mit an Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeit rettende Kausalverläufe
- z.B.: Erschießen eines Rettungsschwimmers, der einen Nichtschwimmer retten möchte. Beide sterben.
- nach csqn- wäre der Schuss wegzudenken, nicht aber die Rettung. Hinzugedacht werden müsste das Gelingen der Rettung.Lebensfern eine Rettung auszublenden, die mit an Sicherheit Grenzer Wkt. zur Rettung geführt hätte, es soll nur nicht auf Reserveursachen abgestellt werden, die den Erfolg auf anderem Weg herbeigeführt hätten.
Arg.: Erfolg in konkreter Gestalt maßgeblich
Erfolg wäre im selben Zeitpunkt durch andere Ursache (nicht von Dritten sonst alternative K.) eingetretenKumulative Kausalität
Mehrere Täter setzen unabhängig von einander Bedingungen, die für sich betrachtet nicht, aber im Zusammenhang geeignet sind, den Erfolg herbeizuführen.
z.B.: A und B geben jeder nur 70% der tödlichen Giftdosis
Kausalität
jeweils (+)
Kumulativ - Mehrheit von ineinandergreifenden SachenÜberholende Kausalität
1.Ursache wirkt nicht mehr,da 2. schneller wirkt
z.B.: bevor Gift des A wirkt, erschießt der B den O, dem Gift nicht bekannt ist
1. Ursache keine Kausalität, es sei denn ursprüngliche Handlung wirkt fort
IdR strafbarer Versuch
Arg.: Konkreter Erfolgseintritt nicht durch geprüfte Handlung
nicht: Gnaden-
schuss Fall
wenn erster Schütze hinweggedacht wird,
kommt Gnadenschütze gar nicht ins Spiel
Alternative Kausalität
Modifizierte Anwendung der csqn-Formel: Zwei unabhängig voneinander Gesetze Bedingungen verursachen gleichzeitig den Erfolg und jeder für sich hätte für Erfolgesetzliche Schuldverhältnisseerursachung ausgereicht. Jede ist kausal
z.B.: A und B geben jeder 100% der tödlichen Giftdosis
Nach Anwendung der
Conditio-Formel: keine Kausalität?
h.M.: Modifizierung der Conditio-Formel: von mehreren Hand-
lungen, die zwar alternativ, nicht hingegen kumulativ hinweg-
gedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, ist
jede ursächlich
Samson: Fallgruppe nicht erforderlich, da ohnehin
hypothetische Kausalverläufe unbeachtlich sind
Beide Ursachen sind kausal, wenn sie zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass Erfolg entfieleAtypische Kausalität
Ursache führt auf ganz ungewöhnliche Weise zum
Erfolg/eröffnet Raum für Wirkung einer 2. Bedingung
z.B.: A schießt auf B, der verletzt mit Krankenwagen gefahren wird und beim Unfall in diesem stirbt
§ 212 I StGB (-), aber Versuch des § 212 StGB (+)
Begründung: Hier hat B die Gefahr durch 'Erschießen' geschaffen, verwirklicht hat sich
jedoch lediglich das allgemeine Risiko der Teilnahme am Straßenverkehr, welche den
Unfalltod und nicht den Tod durch die Schusswaffe des A bedingt
a.A.: Einschränkung über Adäquanztheorie
Gremienentscheidungen
Alternativer Kausalität ähnlich, zwar kann jede einzelne Stimme hinweggedacht werden, allerdings nur bis zu einer gewissen Menge
Kumulative Kausalität, jede Stimme trägt in Verbindung mit den anderen Stimmen den Beschluss
Jedes Mitglied das mit Ja stimmt ist alternativ-kumulativ verantwortlich. ( Wessels Rn. 226.)h.L.: Formel der gesetzmäßigen Bedingung,
da jede einzelne Stimme im Ergebnis relevant
ein Verhalten ist dann Ursache eines Erfolgs, wenn dieser Erfolg mit
dem Verhalten durch eine Reihe von Veränderungen gesetzmäßig verbunden ist.
Rspr.: alternative
Kausalität
Man kann keine Stimme wegdenken ohne dass der konkrete Vorstandsbeschluss entfiele
alles andere ist nur (unbrauchbare) Hypothese, da man nie weiss, ob bei einer Stimmänderung nicht auch andere sich geändert hätten (hypothetische Kausalverläufe unbeachtlich)
Bsp (angelehnt an Lederspray-Entscheidung): Produkt, das im Verdacht steht, bei der Benutzung Gesundheitsschäden hervorzurufen. Durch den Vorstand des Unternehmens wird mit einfacher Mehrheit entschieden, ob es vom Markt genommen werden soll.
Von den 5 Vorstandsmitgliedern stimmen 4 dafür, einer dagegen. Später wird das Produkt wegen der eingetretenen Gesundheitsschäden vom Markt genommen. Im anschließenden Strafverfahren argumentiert jeder der vier 'Dafür-Stimmer', dass seine Stimme ja gar nicht kausal für die Entscheidung war,
Denn hätte er dagegen gestimmt, so wären ja immer noch 3 (und somit die Mehrheit) dafür gewesen.
Sonderfall: Stimmenthaltungen
Angelehnt an Mannesmann-Entscheidung: Beschluss zur des Aufsichtsrats zur rechtswidrigen Ausschüttung einer Prämien an mehrere Vorstandsmitglieder. Aufsichtsratsmitglied, dass sich bei der Entscheidung enthalten hat, gibt an, angesichts der Mehrheitsverhältnisse hätte auch ein 'Nein' seinerseits den Beschluss nicht verhindern können- Mindestanzahl an Abstimmenden für Beschlussfassung (Beschlussfähigkeit) nötig
Anwesenheit als kausale Bedingung für Beschuss - Kausalität ansonsten von den bestehenden Mehrheitsverhältnissen abhängig und damit von der Frage, ob einen Nein-Stimme den Beschluss gehindert hätte (im Mannesmann-Fall gelöst über das Konstrukt der Mittäterschaft n. § 25 II StGB, Zurechnung der Ja-Stimmen der anderen Abstimmenden)
Feststellung in
der Praxis
Prozessual muss Kausalität nur zur Überzeugung des Gerichts feststehen, vgl. § 261 StPO
BGH: Lederspray
Gericht darf von Kausalität auch ausgehen, wenn wissen-
schaftlich umstritten ist, welche konkrete Substanz kausal
war, solange feststeht, dass eine Substanz def. Ursache ist
Der BGH erachtete es aber für
die Bejahung der generellen Kausalität als ausreichend, dass alle anderen in Betracht kommenden
Schadensursachen aufgrund rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung ausgeschlossen werden können
BGH: Holz-
schutzmittel
Kausalitätsfeststellung durch
Indizienausschlussverfahren
Kein Widerspruch zu anerkannten wissenschaftlichen Annahmen
Zweifelsfreier Ausschluss anderer Ursachen
Hinreichende Objektivierung des Schluss durch andere Indizien
Abgesichert durch erschöpfende Streitstands-und Tatsachendarstellung im Urteil
h. L.: ablehnend
Arg.: Senkung der mat. Strafbarkeitsvoraussetzungen
durch normative Kausalitätszuschreibung